128
Durch die Berufsarten und Geschäfte, welche mehrere Mit-
glieder der menschlichen Gesellschaft mit einander gemein haben,
entstehen verschiedene Abtheilungen in derselben, welche man Klas-
sen oder Stände nennt. In jeder bürgerlichen Gesellschaft
giebt es Leute, welche sich mit Gewinnung, Einsammlung, Ver-
arbeitung und mit dem Verkaufe der Landesprodukte beschäftigen;
diese bilden den Nähr- oder Hausstand. Zu diesem gehören die
Ackersleute oder Bauern, die Kolonisten und Holländer in den
Brüchen, die Hauländer in den ausgerodeten Waldungen, die
Handwerker und Kaufleute. — Alle diejenigen, welche mit zur
Landesobrigkeit gehören und mit der Verwaltung des gemeinen
Wesens zu thun haben, bilden den obrigkeitlichen Stand
(Beamtenstand). — Alle, welche mit der Unterweisung des Volkes
beauftragt sind, machen den Lehrstand aus, zu welchem auch
die Geistlichen und die Gelehrten gehören. Gewöhnlich setzt man
dem geistlichen Stande den sogenannten weltlichen entge-
gen. — Alle diejenigen, welche- die Pflicht haben, den feindlichen
Angriffen auf die bürgerliche Gesellschaft von außen und innen
Widerstand zu leisten und sie zurückzutreiben, bilden den Krie-
gerstand oder Wehrstand (Soldatenstand, Militair). — In
großen bürgerlichen Gesellschaften giebt es vier Hauptklassen, in
welche eine Nation sich theilt; diese sind: 1. der Adel, der aus
den ältesten, vornehmsten Familien besteht, deren Stifter oder
Väter sich Verdienste um das gemeine Wohl erworben haben.
2. die Geistlichkeit; 3. die Bürger (ansässige Einwohner (in
den Städten); 4. die Bauern. Man unterscheidet auch höhere
und niedere Stände. Zu jenen rechnet man den Adel und die
Geistlichkeit, zu diesen die Bürger und Bauern.
Einzelne Stände und Städte haben zuweilen besondere Vor*
rechte, Gerechtsame, Freiheiten (Privilegien). So hat der
Adelstand gewöhnlich viele Vorrechte vor allen andern Ständen
der bürgerlichen Gesellschaft voraus, und an einigen Orten hat
der Bürgerstand wieder besondere Rechte vor dem Bauernstande;
auch der geistliche Stand hat besondere Gerechtsame. Die Städte
und Marktflecken haben das Recht, Jahrmärkte, die meisten
Städte auch Wochenmärkte zu halten, d. h. öffentliche Zusam-
menkünfte von Käufern und Verkäufern des Handels wegen.
Es giebt Städte, welche das Recht haben, daß alle Waaren, die
bei ihnen vorbei oder durchgehen, daselbst ausgeladen und den
Einwohnern zum Kauf angeboten werden müssen und nur von
Fuhrleuten und Schiffern, die( in ihnen einheimisch sind, weiter
verführt werden können. Solche Städte heißen Stapelplätze.
In der neuern Zeit sucht man dergleichen Beschränkungen des
Handels möglichst zu beseitigen.
In jeder bürgerlichen Gesellschaft giebt es mancherlei Ein-
richtungen und öffentliche Anstalten. Dahin gehören die
Anstalten für den öffentlichen Gottesdienst, z. B. Kirchen
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130
Dorf für sich, und auch Einwohner, Dorf und Feldmark zusam-
mengenommen werden eine Dorfschaft genannt. In den Dorf-
schasten hat die Sorge für Recht und Ordnung der Dorfschult-
heiß oder Schulze, dem in manchen Gegenden die Gerichts-
männer zur Seite stehen. — Das Gebiet einer Stadt heißt
das Weichbild derselben. Die ansässigen Einwohner einer Stadt
machen zusammen die Bürgerschaft aus. Die Vertreter der
Bürgerschaft sind die Stadtverordneten, welche die Abgaben
auf die Bürgerschaft vertheilen, die städischen Ausgaben bewilli-
gen k. Die Stadtobrigkeit heißt der Magistrat und besteht aus
dem Bürgermeister (Oberbürgermeister in großen Städten)
und mehreren Rathmännern sin kleinen), Rathsherren sin
Mittel-) oder Stadträthen sin großen Städten). Das Nähere
bestimmt die Städteordnung. Viele Dorfschulzen und auch
die Bürgermeister in den nicht mit der Städteordnung beliehenen
Städten stehen unter einem Polizei- Distrikts- Eommis-
sarius, der nebst den Bürgermeistern dem Kreislandrath
untergeordnet ist. Die Landräthe stehen unter der Regierung,
die Regierung unter dem Obecpräsiden ten, diese wieder unter
dem Ministerio, und die Minister unter dem Könige. Bei
allen diesen Behörden, wie auch bei den Gerichten sind Präsi-
denten, Direktoren, Räthe, Assessoren szusammen Oberbeamte),
Sekretaire, Kanzelisten, Registratoren, Rendanten, Eontroleure rc.
(zusammen Unterbeamte, oder Subalternen), Executoren, Boten,
Gefangenwärler rc. (Diener) angestellt. Die Steuer-, Forst-,
Post-, Rentbeamten rc. gehören ebenfalls zu den Staatsdienern.
Viele Höfe, Weiler, Dörfer, Flecken, Städte, deren Ein-
wohner unter einer gemeinschaftlichen Oberregierung einen bür-
gerlichen, gesetzlich begründeten Verein bilden, manchen zusammen
ein Land, einen Staat, ein Reich aus (Wir wohnen im preu-
ßischen Staate). Das Wort Staat bezeichnet aber zunächst und
gewöhnlich die bürgerliche Gesellschaft, welche ein Land inne hat,
und das Wort Reich insbesondere die Herrschaft des obersten
Regenten in einem großen Lande und auch dies Land selbst, so-
fern es das Gebiet seiner Herrschaft ist.
Wie einzelne Häuser, Gärten und Felder einzelnen Familie
oder Herren gehören, so haben auch große Länder ihre Herren.
Das Land eines Herrn macht die Herrschaft desselben aus.
Die Herrschaften haben gewöhnlich eine desto größere Würde,
je größer der Umfang und je beträchtlicher die Anzahl ihrer Ein-
wohner ist. Nach der Größe und Würde des Landes wird auch
in der Regel die Würde und der Titel des Landesherrn bestimmt.
Es giebt einzelne Landgüter, Rittergüter, welche Ritter-
gutsbesitzern gehören. Mehrere Dörfer zuweilen auch Städte,
bilden eine Herrschaft, deren Herren Edelleute, Freiher-
ren oder Barone heißen, oder eine Grafschaft, deren Besi-
tzer Grasen genannt werden. Höher und gewöhnlich auch größer
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126
Mit der Kultur der Einwohner ändert sich auch die Kultur
des Bodens und die Gesammtkultur des Landes. Sinkt die
Kultur der Einwohner!, werden die Menschen in einem Lande
weichlich, schlaff, träge, dumm rc, so verwildern die angebauten
Felder wieder, Straßen und Kanäle verfallen, Gebäude stürzen
ein, ganze Städte sinken in Ruinen (Aegypten, Syrien rc.)
8- 69.
O effentlich e Einrichtungen.
Allen Menschen, die eine Gesellschaft mit einander bilden,
muß daran gelegen sein, daß Ruhe und Ordnung unter ihnen
herrsche, daß Jeder sicher und ungestört nach seiner Neigung
und nach seinen Kräften thätig sei, daß kein allgemeines Verder-
den eintrete, oder daß, wenn eine schwere Zeit kommt, von Er-
fahrenen kräftige Maßregeln zur Hülfe getroffen werden, daß die
Gesellschaft gegen feindliche Angriffe von außen her gesichert sei rc.
Wie in jedem Spiele mehrerer Kinder Einzelne sich hervorthun
und das Ganze leiten, wie in einer Familie der Hausvater den
Streit, der unter einzelnen Gliedern seines Hauses entsteht,
schlichtet. Jedem seine bestimmte Arbeit austrägt, für den Unter-
halt sorgt, gegen Unfälle von außen nach Vermögen die Seinen be-
schützt und gegen Unrecht und Unterdrückung sie vertheidigt, so haben
auch größere Menschengesellschaften Leute nöthig, welche das ge-
meine Wohl (das Wohl, ohne welches Keinem in der Gesellschaft
wohl sein kann) besorgen, das Gemeinwesen ordnen, leiten, für
dasselbewachen, bei eintretenden Unfällen rathen und helfen,
gegen feindliche Angriffe die Anstalten zur Vertheidigung treffen,
die vertheidigende Macht leiten und anführen und das Ganze
beschützen. Jede menschliche Gesellschaft bedarf der Richter, der
väterlichen Fürsorger, Berather und Leiter ihrer gemeinschaftlichen
Angelegenheiten und der Anführer und Beschützer gegen die
Feinde. Diejenigen, welche diese Aemter für's allgemeine Beste
verwalten, bilden die Obrigkeit oder die Regierung. Wenn
eine Gesellschaft sich bildet, so überträgt sie das Amt eines Rich-
ters, Vaters, Lehrers, Beschützers gewiß denen', die sich ihr als
die weisesten, erfahrensten, liebreichsten, väterlichsten, stärksten,
tapfersten gezeigt und bewährt haben. So sollte es wenigstens
immer sein. Ob es stets so gewesen ist, das lehrt die Geschichte,
desgleichen auch die Art und Weise, wie ein Stamm oder ein
Volk seine Obrigkeiten und Regenten zu verschiedenen Zeiten er-
halten hat. Jetzt wählen sich die Bewohner eines Ortes in der
Regel nur ihre nächste Obrigkeit (Schulzen, Stadtverordneten,
Magistratsmitglieder, Bürgermeister, Prediger, Lehrer rc.), die
dann von der Landesregierung bestätigt wird. — Jede Anzahl
bei einander lebender Familien, die eine gemeinschaftliche Obrig-
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129
und Synagogen, und für die öffentliche Erziehung der künftigen
Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft, z. B. Schulen, (hohe und
niedere. Volksschulen, Bürgerschulen, gelehrte Schulen, Univer-
sitäten) und Erziehungshäuser, Waisenhäuser, Schullehrer-Semi-
narien rc.; Anstalten für Künste und Wissenschaften: Kunst-
säle, Naturaliensammlungen, Bibliotheken, Akademien rc. Anstal-
ten für innere Ruhe, Ordnung und Sicherheit: Polizei-
anstalten, z. B. Gefängnisse, Wachhäuser rc. Anstalten für die
Rechtspflege: Schiedsmänner, Land- und Stadtgerichte, Ober-
tandsgerichte rc. Anstalten für die äußere Sicherheit und
Macht: stehendes Heer, Landwehr, Landsturm, Zeughäuser, Fe-
stungen, d. h Wohnplätze soft sind es Städte), die mit Gräben
And Wällen befestigt und mit vielem Geschütz versehen sind; An-
stalten für den Handel: Münzen, Börsen, Banken, Kaufhäuser,
Magaziene rc.; Anstalten für Arme, Kranke und im Kriege
dienstunfähig (invalid) Gewordene: Armen-, Kranken-, Wai-
sen-, Jnvalidenhäuser rc.
Alle Ausgaben für das gemeine Wesen einer Gesellschaft
werden von den öffentlichen Einkünften, die mit Inbegriff
threr Verwaltung Finanzen heißen, bestritten. Sie bestehen
^us Abgaben, die entweder in Geld, Getreide, oder auch durch
Dienstleistungen sz. B. Vorspann) rc. entrichtet werden, in Zöl-
len, im Ertrage der Staatsgüter (Domainen,) Forsten, Bergwerke,
Posten und anderer landesherrlicher Einkünfte (Regalien).
Alle öffentlichen, von der Regierung oder Obrigkeit getroffe-
nen Einrichtungen und Bestimmungen zur Erhaltung der ge-
meinschaftlichen Wohlfahrt einer bürgerlichen Gesellschaft begreift
man unter dem Namen der Staats- oder Landesverfas-
sung, und die wirkliche Erhaltung und Besorgung des Gemein-
wesens nach allen seinen Theilen heißt die Staatsverwaltung.
§. 70.
Wohnorter, Länder und Obrigkeiten.
Die kleinsten Besttzthümer an liegenden Gründen und die
daher rührenden kleinsten Abtheilungen des Landes sind Gärten,
Wiesen, Felder, Forsten (jeden Wald oder jeden Theil eines
Waldes, der das Eigenthum eines oder mehrere Menschen ist,
gehörig beaufsichtigt und regelmäßig bewirthschaftet wird, nennt
rnan einen Forst). Ein Platz, der mit einer Mauer, einem
Zaune, einem Gehege umgeben ist, heißt ein Hof, Meierhof,
eine Meierei, ein Bauerhof, ein Gehöft rc. Wenn dee
Hof zu einem nahen Orte gehört, so heißt er ein Vorwerk.
Ein Dorf besteht aus mehreren Bauerhöfen. Alle Felder, Wie-
sen und Waldungen, die zu einem Dorfe gehören, machen die
Feldmark desselben aus. Sowohl die Einwohner als das
Rechner, Sandb. 2. Theil. 9
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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457
§. 60.
Die Kurfürsten von Dran-enburg nach -er Reformation bis
auf Friedrich Wilhelm den Großen.
(Kdrfr. Ausg. für die Prov. Preußen. S. 260.)
Johann Georg 1571 — 1598 brachte es durch die strengste
Sparsamkeit bald dahin, die bedeutenden Landesschulden zu be-
zahlen, wozu seine Unterthanen nach Kräften beisteuerten, weil sie
des Landesherrn Bestreben erkannten, ihre Wohlfahrt zu fördern.
Viele ihrer Religion wegen von den Spaniern vertriebene Nie-
derländer nahm er mit offenen Armen auf und gab seinen Län-
dern in ihnen fleißige und geschickte Handwerker, die in den Städ-
ten, wo sie sich niederließen, Fabriken und Manufakturen ven
vielfältigten und verbesserten. Die bessere Betreibung des Acker-
baues und der Viehzucht brachte bei anhaltendem'frieden im
Lande einen Ueberfluß an Nahrungsmitteln und dadurch die
wohlfeilsten Preise, daß manche abergläubischen Menschen meinten,
es habe Getreide geregnet, und das Vieh sei aus der Erde ge-
wachsen. Das war die schöne Folge der strengen Ordnung in
der Landesverwaltung, die es dem Kurfürsten auch möglich
machte, später große Summen auf den Bau von Festungen und
Schlössern zu verwenden und dadurch Geld unter die Leute zu
bringen. Auch berief er ausländische Künstler, vorzüglich Maler,
Formschneider und Buchdrucker ins Land. — Da unter den evan-
gelischen Geistlichen Zwist über Auslegung einzelner Glaubens-
lehren entstanden war, so vereinigten sich mehrere Fürsten und
ließen eine allgemeine Lehrformel ieintrachts- oder Concordienfor-
mel) zur Richtschnur ausarbeiten, die auch im Brandenburgischen
augenommen wurde. — Gegen die Günstlinge seines Vaters ließ
der Kurfürst ein hartes Strafgericht ergehen, in dem mit den
Schuldigen auch viele Unschuldige leiden mußten. Der Jude
Lippold, angeklagt, seinen Wohlthäter Joachim ll. vergiftet zu
haben, wurde gefoltert, gerädert und geviertheilt, und sein Ver-
mögen eingezogen. — Die Neumark, welche Johann Georg, nach-
dem sein Oheim Johann 1571 ohne männliche Erben gestorben
war, wieder mit dem Kurstaate vereinigt hatte, sollte nach sei-
nem Tode sein Sohn Christian, der älteste Sohn Joachim Fried-
rich aber alle übrigen Länder nebst, der Kurwürde erhalten.
Joachim Friedrich 1598 —1608 war bereits 52 Jahre
alt, als er die Regierung antrat. Er weigerte sich, die Anord-
nung seines Vaters in Betreff der Neumark anzuerkennen. Sein
Vetter, Georg Friedrich von Anspach, der letzte Nachkomme
des Kurfürsten Albrecht Achilles, an den er sich dieserhalb ge-
wandt hatte, bot bereitwillig die Hand zur Beilegung des Zwi-
stes unter den Brüdern. Da er selbst kinderlos war, und nach
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Johann_Georg Johann Lippold Joachim_ll Johann_Georg Johann Johann Christian Joachim_Fried- Joachim_Friedrich Friedrich Georg_Friedrich_von_Anspach Friedrich Albrecht_Achilles Albrecht
454
Johann 1486 — 1409, Cicero *) genannt wegen seiner
Gelehrsamkeit und Wohlredenheit in der lateinischen Sprache,
war friedliebend, sparsam und leutselig, handelte aber auch mit
Nachdruck der Waffen, wo es das Landeswohl forderte. So ge-
schah es, als die Stadt Stendal eine Abgabe zur Tilgung der
Landesschulden sbierzinse) verweigerte und sogar kurfürstliche Ab-
gesandte ermordet wurden. — Ueberhaupt machte er sich durch
Aufrechthaltung der Ordnung und öffentlichen Sicherheit, am
meisten aber durch Unterstützung der Wissenschaften verdient.
Schon 1488 wurde in Stendal eine Buchdruckerei und um die-
selbe Zeit in Berlin die erste Apotheke angelegt. Johanns Denk-
mal von gegossenem Messing', durch einen berühmten nürnbecgi-
schen Künstler, Peter Bischer, angefertigt, das ihn in Lebens-
größe, mit dem Kurkleide angethan, liegend vorstellt, steht noch
jetzt im Dome zu Berlin.
§• 59.
Die Kurfürsten Joachim I. und Joachim H.
Die Reformation in Brandenburg.
(Kdrfr. I. Ausg. f. d. Prov. Preußen. S. 239.)
Joachim I. (Nestor**) 1499 — 1335 war ein sehr gebil-
deter wißbegieriger Fürst, dabei gerechtigkeitsliebend, aber auch
streng und hart, von festem Willen, der nicht selten an Härte
und Eigensinn grenzte. Da der Kurfürst beim Antritte seiner
Regierung erst 15 Jahre alt war, erhob der übermüthige, raub-
lustige'adel wieder seinhauptso schreckend, daßreisende, wie eine alte
Handschrift berichtet, sie mit den Worten in ihre Litanei schlos-
sen: „Bor Köckeritze und Lüderitze, vor Krachte und vor Jtzenplitze
behüt' uns, lieber Herre Gott!" Joachim aber ließ gefangene
Wegelagerer ohne Gnade hinrichten. Da erfrechte sich ein Herr
von Otterstädt, an des Fürsten Schlafgemach zu schreiben:
„Jochimken, Jochimken, Hüde dy! wo wy dy krygen, hangen wy
dy." Umgekehrt geschah' es: der Hochverräther, dem Kurfürsten
auflauernd, wurde gefangen und hingerichtet. In einem einzigen
Jahre büßten 70 vornehme Räuber auf dem Blutgerüste.—
Durch Stiftung der Hochschule zu Frankfurt an der Oder
1500 und des Kammergerichts 1516 hat Joachim sich blei-
benden Ruhm erworben. Dagegen kann die erbarmungslose
Verfolgung und endliche Vertreibung der Juden 1510 (weil ein
*) Cicero war der größte Redner und Staatsmann seiner Zeit
unter den Römern. Er wurde 43 n. Ehr. auf Anstiften mächtiger
Feinde, die er durch seine Beredsamkeit beleidigt hatte, ermordet.
**) Nestor, König von Pylos im Peloponnes, war wegen seines
Alters und seiner seltenen Beredsamkeit berühmt (§. 9.)
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Extrahierte Personennamen: Johann Cicero Johanns Johanns Peter_Bischer Joachim_I. Joachim Joachim
Extrahierte Ortsnamen: Stendal Stendal Berlin Berlin Brandenburg Frankfurt
-
Einleitung.
Bekanntlich ertheilten in der neuern Zeit die meisten Volks-
schullehrer den Unterricht in der Muttersprache nach den Anwei-
sungen von Diesterweg, Scholz, Wurst, Barthel rc. Die
Sprachregeln wurden in besonderen Stunden aus einzelnen Sätzen
entwickelt, und man bemühete sich, durch das Bildenlaffen von
Sätzen nach einem vorgeschriebenen Muster die Kinder dahin zu
bringen, daß sie sich dieser Regeln beim Sprechen und Schreiben
bewußt würden. — Eine ziemlich allgemeine Erfahrung spricht
jedoch dafür, daß selbst unter den günstigsten Umständen dieses
Ziel nur bei den allerwenigsten Schülern erreicht worden ist, und
daß das bis ins Einzelnste gehende Zerlegen des Satzes bei den
meisten Schülern weit eher dazu führt, sie mehr mit Abneigung
gegen den Unterricht in der Muttersprache, als mit Liebe zu
demselben zu erfüllen. — Daher haben sich jetzt die gewichtigsten
Stimmen, namentlich das Königliche Ministerium der geist-
lichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, die König-
lichen Provinzial - Schul - Collegien zu Coblenz, Berlin,
Posen rc., die Herren Provinzial - Schulräthe Kawerau und
Otto Schulz, der Herr Seminardirektor Grüzmacher, ferner
Kellner, Hiecke, Wackernagel, Hulsmann, Otto rc. ge-
gen die theoretische und für die praktische Behandlung des Un-
terrichts in der Muttersprache erklärt. — Ein in besonderen
Stunden zu ertheilender grammatischer Unterricht soll nämlich
in Volksschulen gar nicht mehr stattfinden. Die bisher diesem
Unterricht gewidmeten Stunden werden den Denk- und Stil-
übungen zugelegt, und die letzteren mit dem Leseunterricht aufs
engste verbunden. Die faßlichsten Erklärungen über die Rede-
theile oder Wörterklassen und die einfachsten Satzverhaltnisse ler-
nen die Kinder nach und nach durch praktische, mit dem Lese-
unterricht und den Versuchen im mündlichen und schriftlichen
Pechner, Handb. I. Thl. 2. Aufl. 1
-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch]]
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Extrahierte Personennamen: Scholz Barthel Otto_Schulz Otto Seminardirektor_Grüzmacher Wackernagel Otto
Extrahierte Ortsnamen: Diesterweg Coblenz Berlin Posen Kawerau Hiecke
Sie gewinnen die Uckermark und die Neumark. Die wendischen Dörfer Berlin und Köln an der Spree entwickeln sich zu handeltreibenden Städten.
Seit 1266 herrschen nach dem Tode der beiden Brüder zwei ballenstädtische Fürstengeschlechter, das ältere in Stendal (Johann), das jüngere in Salzwedel (Otto).
Otto Iv. „mit dem Pfeile", ein ritterlicher Minnesänger, von den Magdeburger Bürgern gefangen und von seiner Gemahlin befreit.
1309. Waldemar der Große vereinigt wieder die ganze Mark unter seinem Scepter.
Waldemar entreißt den Polen Pommerellen, verkauft den östlichen Teil dem Deutschen Orden (1310) und fügt den westlichen zu der Mark. Es bildet sich gegen ihn ein furchtbarer Bund der Nachbarfürsten. — Schlacht bei Gransee und Friede zu Templin.
1319- Waldemar, der mächtigste und ruhmvollste Ballenstädter, stirbt eist 28 ^zahre alt; mit ihm erlischt das Geschlecht Albrechts des Bären.
§ 6.
Innerer Zustand der Mark unter den Ballenstädtern.
Das von den Markgrasen eroberte Wendenland wurde verteilt: „Schloßgesessene, Zaunjunker". Dörfer wurden gegründet: Unternehmer oder
„Erbschnlze". Die Bauern waren persönlich frei, ihre Lasten gering. Kossäten hießen die Ansiedler, welche nur kleine Stücke Landes erhielten, dafür einen geringen Zins zahlten und Handdienste leisteten.
Die Wenden nehmen immer mehr deutsche Sitten an und verschmelzen allmählich mit den Deutschen zu einem Volke.
Städte wurden gegründet: „Stadt- ober Lehuschulze". In der Mark herrschte sächsisches Recht: Der Sachsenspiegel. Die Gottesurteile
hörten aus.
In den Städten kämpfen die „Viergewerke" mit den reicheren Bürgern um die Teilnahme an der Verwaltung der Stadt.
1241. Stiftung des „Hansabundes" zum Schutze des Handels.
Das Geld war damals etwa siebenmal wertvoller als jetzt; daher viel Tauschhandel.
Eine feste markgräfliche Residenz gab es damals noch nicht. — Aus den „Ministerialen" ist der größte Teil des heutigen Adels hervorgegangen:
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Extrahierte Personennamen: Johann Otto Otto Waldemar Waldemar Waldemar Albrechts
Extrahierte Ortsnamen: Neumark Berlin Stendal Salzwedel Polen Gransee Templin
— 26 —
Deutsche Bundesakte des Wiener Kongresses: Sämtliche deutsche Staaten werden zu einem „Deutschen Bunde" vereinigt. Der Zweck des Bundes ist die Erhaltung der innern und äußern Ruhe und des Friedens in Deutschland. Die Bundesversammlung, welche die Angelegenheiten des Bundes erledigt, hat ihren Sitz in Franksurt a. M.
§ 34.
1816—40. Die Jahre des Friedens unter der Regierung Friedrich Wilhelms Hi.
Friedrich Wilhelm benutzt die Zeit des Friedens in folgender Weise zur Hebung des Landes:
1. Was die innere Verwaltung betrifft, so erschien bereits am 30. April 1815 eine Verordnung behufs Regelung der Verwaltung der Provinzen: ^ede Provinz wird in Regierungsbezirke und diese in Kreise geteilt. An der Spitze der Provinz steht der Oberpräsident, des Regierungsbezirkes die Regierung und des Kreises der Landrat. In jeder Provinz besteht für die Bildung der höheren Schulen ein Proviuzial-Schul-Kollegium, der öffentlichen Gesundheitspflege ein Medizinal-Kollegium, der evangelischen Kirchenangelegenheiten ein Konsistorium.
2. Betreffs des Militärwesens blieb die von Scharnhorst ausgearbeitete Einrichtung des Heeres. Die Grundlage ist die allgemeine Dienstpflicht; die bewaffnete Macht zerfällt in das stehende Heer, die Landwehr und den Landsturm.
3. Behufs der Volksvertretung erließ der König bereits 1815 eine Verordnung, wonach die Provinzial stände entweder wieder hergestellt oder neu begründet werden sollten. Aus diesen sollten später Reichs stände gebildet werden.
4. In kirchlicher Hinsicht bewirkte Friedrich Wilhelm am 31.Oktober 1817 (300jährige Jubelfeier der Reformation) die Vereinigung
Union — der Lutheraner und Reformierten zu einer evangelischen Kirche; doch schlossen sich hiervon die sogenannten Alt-Luthe-raner aus, indem sie die gemeinsame Agende nicht annahmen.
5. Zum Zweck der Volksbildung sorgte er für Universitäten, höhere und niedere Schulen und verordnete eine strenge Handhabung der allgemeinen Schulpflicht. Von ihm wurden in Berlin, Bonn und Breslau Universitäten errichtet.
6. 1833 wurde durch Errichtung des Zollvereins der Handel wesentlich gefördert. Es entstanden zur Erleichterung des Verkehrs Chausseen,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Franksurt_a._M. Berlin Bonn Breslau
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Das Königreich Preußen.
48. von der Verfassung des Landes. „Ordnung hilft haushalten"
rvar der Wahlspruch Friedrich Wilhelm I. von Preußen. Wo Ordnung waltet
im Vaterhause, in Dorf, Stadt und Land, da läuft Alles zu einem guten Ziel.
Ordnungen und Einrichtungen gebieten der Pflicht und schützen das Recht.
Es erwächst alles Große aus dem Kleinen. Die kleinste innig ver-
bundene Gemeinschaft ist die Familie. Viele Familien, die an einem Orte
zusammen wohnen, vereinigen sich zu einer Gemeinde; eine Anzahl Orts-
gemeinden, die in bestimmter Entfernung zusammenliegen, bilden eine Kreis-
gemeinde oder einen Kreis, und viele Kreise umschließt zu einer Gemein-
schaft der Regierungsbezirk. — Das Oberhaupt der Familie ist der Vater,
in Dorf und Stadt ist's der Schulze und Bürgermeister, auf dem Lande
auch bisweilen der Gutsherr, und auf königlichen Gütern (Domainen) der
Rentmeister; im Kreise ist es der Landrath, im Regierungsbezirk der
Regierungspräsident. Mehrere Regierungsbezirke bilden eine Provinz, dar-
über ist ein Oberpräsident als Haupt gesetzt; aber des ganzen Landes
erhabenes Oberhaupt ist der König.
. Des Königs erste und nächste Staatsdiener sind die Minister. Dem
Kriegsminister ist die Sorge für das Heer und die Kriegsflotte vertraut,
und dem Justizminister die Rechtspflege. Der Minister der geistlichen
Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten hat die Verwaltung über
die Kirchen und Schulen so wie über die öffentliche Gesundheitspflege, der
Finanzminister über die Staatseinkünfte und Ausgaben, so wie über die
Staatsschulden. Der Minister des Handels, der Gewerbe und öffent-
lichen Arbeiten hat auch das Postwesen, und Bergbau und die Eisenbahnen
unter sich, und der Minister der auswärtigen Angelegenheiten leitet
die Unterhandlungen mit den auswärtigen Regierungen. Der Ministerprä-
sident hat den Vorsitz im Ministerrathe.
Nach Erforderniss hat auch jede Bezirksregierung ihre Abtheilungen
der Verwaltung. Eine Abtheilung sorgt für die Wohlfahrt und Sicherheit
des Landes, eine andere für Kirchen und Schulen, eine dritte für Domänen
und Forsten u. s. w. Für die Steuern sind in den meisten Provinzen
besondere Steuerdirektoren angestellt.
Für Rechtspflege sorgen die Gerichte. In Rechtssachen unterscheidet
man Civiljustiz, welche alles schlichtet, was nicht Vergehen und Verbrechen
betrifft, diese verfolgt und bestraft die Criminaljustiz. Dabeiist zu merken:
Jede Streitsache muss erst vor einem Kreisgerichte oder in großen Städten
vor einem Stadtgerichte verhandelt werden, und wenn Jemand sich bei
dem Spruche oder Erkenntnisse nicht beruhigen will, wendet er sich an das
Appellationsgericht und zuletzt an das Obertribunal in Berlin.
Der evangelische Oberkirchcnrath hat die obere Leitung der sämmt-
lichen geistlichen Angelegenheiten in Lande. Ein Konsistorium und unter
ihm die Superintendenten führen in jeder Provinz die Aufsicht über die
Geistlichen und die Ordnungen des Gottesdienstes, und ein Schulkollegium
verwaltet die höheren Schulen und hat überhaupt die Leitung des Schul-
wesens. Der Oberpräsident hat den Vorsitz in beiden Kollegien so wie im
Medizinal-Kollegium; seine Obhut aber erstreckt sich über alle Angelegen-
heiten der ganzen Provinz.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_I._von_Preußen Friedrich Wilhelm_I.